Sie hat ihre Rolle als Ehefrau perfekt gespielt, immer repräsentiert, organisiert und sich voll mit dem Leben ihres Mannes identifiziert. Nach der Trennung kommt der Zusammenbruch, gefolgt von körperlicher und psychologischer Betreuung. Als wir unsere Klientin für das Jahresprojekt 2013 kennenlernen, lebt sie dauerhaft in einer Klinik.
Zu Beginn unserer Arbeit entdeckten wir einen riesigen Fundus edelster Designerkleidung aus den letzten 4 Dekaden in ihrem Ankleidezimmer. Unsere Klientin hat aufgrund ihrer repräsentativen Rolle viele Kleidungsstücke nur ein einziges Mal getragen – und sich 40 Jahre lang von keinem einzigen Teil getrennt. Am wechselnden Stil der Kleidung konnten wir genau erkennen, in welcher Verfassung sie im zugehörigen Jahrzehnt war – und wie sie auf ihre Umwelt wirken wollte.
Diese Frau hatte sich zum größten Teil über ihr Äußeres identifiziert – doch mit der Information konnten die Psychologen, welche sie nach der Trennung aufsuchte, nichts anfangen.
Als nächsten Schritt auf unserer gemeinsamen Jahresreise wählten wir einige Kleidungsstücke aus, um sie an einem Model fotografieren zu lassen. Sie selbst wollte nicht fotografiert werden. Auf diese Weise wollten wir ihren auserlesenen Geschmack sichtbar machen und die Erinnerung an einige besondere Stücke in ein neues Licht rücken.
Damit im Innen und Außen etwas Neues entstehen konnte, wurden im letzten Schritt, auf ihren Wunsch, alle so sorgsam gehorteten Kleider verkauft: »Fashion Saver« verteilte das Leid des Verlassen-werdens symbolisch auf die Schultern vieler Menschen. Diese Menschen tragen jetzt alle nur soviel, wie sie eben können – schließlich sprechen wir nicht ohne Grund davon, Kleidung zu »tragen« und jeder kennt die Redewendung: »Ich trage es mit«.
Nach diesem radikalen Neuanfang im Außen begann auch im Inneren eine Revolution: Es ging bergauf. Heute lebt unsere Klientin in ihrer eigenen Wohnung, trägt neue Kleidung und ein ganz neues Leben.